Das Gedenken an die Wittelsbacher heute


Die Abtei Seligenthal ist heute noch eines der größten Zisterzienserinnen-Klöster der Welt. Aktuell leben und arbeiten dort 37 Schwestern. Mit der Wiedererrichtung des Klosters nach der Säkularisation im Jahre 1835 bekamen die Schwestern den Auftrag, sich neben ihren klösterlichen Pflichten auch der Mädchenbildung zu widmen. Diese Aufgabe prägt bis heute das klösterliche Leben in Seligenthal. Im Jahr 2000 wurde die Schulstiftung Seligenthal als eigenständiger Träger der mittlerweile sieben koedukativen Bildungs- und Betreuungseinrichtungen gegründet. Dazu zählen u.a. ein Kindergarten, eine Grundschule, eine Wirtschaftsschule, ein Gymnasium und eine Fachakademie für Sozialpädagogik.  
 
Die enge Verbindung des Klosters Seligenthal zu den Wittelsbachern ist in Teilen auch heute noch spürbar. Herzogin Ludmilla gab den Nonnen in ihrer Stiftungsurkunde den Auftrag, für sie selbst, ihre beiden verstorbenen Gatten und ihre Nachkommen zu beten. Diesen Auftrag führen die Schwestern treu bis heute aus und schließen deshalb tagtäglich das abendliche Totengedenken jeweils mit den Worten: „Gedenken wir unserer durchlauchtigsten Stifterin Ludmilla und aller bayrischen Fürstenpersonen. Herr gib ihnen die ewige Ruhe und das ewige Licht leuchte ihnen. Herr, lass sie ruhen in Frieden.“  

Chorgebet auf dem Nonnenchor in der Abteikirche Seligenthal
Chorgebet auf dem Nonnenchor in der Abteikirche Seligenthal

Wie uns die Äbtissin M. Petra Articus in einem Interview schilderte, ist darüber hinaus der Herzogin Ludmilla die Heilige Messe an ihrem Sterbetag gewidmet und die Fürbitten (oder zumindest eine davon) beziehen sich dabei auf Ludmilla und ihre Nachfahren.  
 
Der große Fürstenjahrtag wird heute nicht mehr in demselben Ausmaß begangen wie früher und ist auch kein öffentliches Ereignis mehr. Am Fürstenjahrtag wird im Kloster nur noch die Heilige Messe für die Verstorbenen gelesen und in den Fürbitten an sie gedacht. M. Petra Articus vermutet, dass der große Fürstenjahrtag nach der Säkularisation nicht mehr begangen wurde, oder aber, dass die Wittelsbacher vielleicht auch schon früher nicht mehr kamen, da die Herzen der Familienangehörigen seit dem 17. Jahrhundert getrennt vom Leichnam in der Gnadenkapelle in Altötting beigesetzt wurden. 
 
Die Äbtissin ist sich sicher, dass die meisten der heute lebenden Wittelsbacher gar nicht mehr wissen, dass es den Fürstenjahrtag in Seligenthal gab. Sie selbst hat Herzog Franz von Bayern erst einmal darauf aufmerksam gemacht und ihm ein Heftchen mit der Liturgie des Jahrtags geschenkt. Verpflichtungen der Familie der Wittelsbacher gegenüber dem Kloster Seligenthal bestehen heute nicht mehr.


Isabel Hirsch und Elena Wunderlich