Seligenthal als Begräbnisstätte der Wittelsbacher
Die Entstehung der Begräbnisstätte Seligenthal und der Kirchengruft (1240-1341)
Als Ludwig I. 1204 die Burg Trausnitz, eines der heutigen Wahrzeichen Landshuts, errichten ließ, wurde Landshut zugleich zum politischen Mittelpunkt Bayerns. Seine Frau Ludmilla gründete die Abtei Seligenthal auch, um den Wittelsbachern eine neue Begräbnisstätte zu geben. Ludwig I., sein Sohn Otto II. und dessen Frau wurden noch in Scheyern, dem Ort der bisherigen Begräbnisstätte, beigesetzt. Mit diesen wurde aber die dortige Gruft endgültig geschlossen. Im Jahr 1240 wurde Herzogin Ludmilla selbst als erste im Kloster Seligenthal, genauer in der Afrakapelle, bestattet und nach der Fertigstellung der Abteikirche in die dortige Gruft verlegt. Die Klosterchronik berichtet dabei sogar, dass die Gebeine der Gründerin auf einem roten Samtkissen ausgestellt wurden. Mit der Teilung des Landes Bayern in die Landshuter und die Münchner Linie gewann Seligenthal als einzige Begräbnisstätte der Landshuter Wittelsbacher erheblich an Bedeutung und trug zu einer bewussten Abgrenzung von der Münchner Linie bei, welche in Fürstenfeld ihre eigene Begräbnisstätte besaß. Ludmillas Enkel Heinrich XIII. war 1290 somit der erste Fürst, welcher in der Seligenthaler Gruft beigesetzt wurde. Bis zum Jahr 1341 wurden insgesamt 22 Fürstenpersonen in Särgen in der Gruft bestattet, bis diese schließlich keine weiteren Särge aufnehmen konnte.
Die Erdbegräbnisse (1379-1504)
Im Zuge der dritten Landesteilung 1392 in Bayern-Landshut, Bayern-München und Bayern-Ingolstadt wurde wieder mehr Wert auf die eigene Grabstätte in Seligenthal gelegt. So kam es bereits im Jahr 1379 zur ersten Erdbestattung im Kirchenschiff. Dies war zudem die erste verzeichnete Bestattung seit knapp vierzig Jahren. Insgesamt wurden 20 Personen bis zum Jahr 1504 im Kirchenschiff beigesetzt. Der genaue Ort der Erdbegräbnisse innerhalb der Kirche ist nicht bekannt. Zu den bedeutendsten Bestatteten gehören Herzog Friedrich I., der Neubegründer der Landshuter Linie, und die drei „Reichen Herzöge“ Heinrich XVI., Ludwig IX. und Georg, wobei hier von Georg, dem Bräutigam der berühmten „Landshuter Hochzeit“, und Ludwig, seinem finanzkräftigen Vater, die Rede ist. Alle vier wurden im selben Sarg beigesetzt, der bei jedem Todesfall aufs Neue ausgegraben, geöffnet und aufgefüllt wurde.
Das Hochgrab von Herzog Ludwig X. (1545)
Mit dem Hochgrab von Ludwig X. befindet sich in Seligenthal noch eine dritte Grablege. Nach dem Tod Herzog Georgs des Reichen, der keinen männlichen Erben hatte, und dem „Landshuter Erbfolgekrieg“ zwischen Bayern-Landshut und Bayern-München wurde das Herzogtum Bayern unter Münchner Führung wiedervereinigt. Herzog Wilhelm IV. gestand seinem jüngeren Bruder Ludwig X. aber eine Mitregentschaft in Landshut zu. Dort ließ dieser die Landshuter Stadtresidenz erbauen, welche den ersten Renaissancebau nördlich der Alpen darstellt. Als letzter Landshuter Regent erhielt er 1545 ein Grab in der Mitte der Seligenthaler Klosterkirche, auf dessen Grabdeckel er im Stil eines typischen Fürsten der Renaissancezeit dargestellt ist. In diesem Hochgrab wurde 1579 auch die sechs Monate alte Tochter von Herzog Wilhelm V., dem Enkel von Wilhelm IV., bestattet.
Der Dreißigjährige Krieg und das Kloster Seligenthal (1618-1648)
Während des Dreißigjährigen Krieges fielen die Schweden bei der Plünderung Landshuts im Jahr 1634 auch über die Grabstätten im Kloster Seligenthal her. Dabei wurde das Hochgrab von Ludwig X. so stark beschädigt, dass eine Seitenwand Mitte des 17. Jahrhunderts erneuert werden musste. Während späterer Reparaturarbeiten wurde auch der Sarg der Tochter von Willhelm V. gefunden und anschließend in den Klosterfriedhof übertragen. Die Zinnsärge in der Gruft wurden der Überlieferung nach während der Plünderungen aufgesprengt und die Sarginhalte in der ganzen Gruft verstreut. Die Schweden suchten vermutlich auch dort nach Schätzen und Kostbarkeiten. Nach der Zerstörung wurde die Gruft anscheinend nicht weiter aufgeräumt, sondern in ihrem Zustand belassen und wieder verschlossen. Es erscheint hingegen gut möglich, dass bereits während der weiteren Aufräumarbeiten im Inneren der Kirche die Erdgräber eingeebnet und gepflastert wurden.
Die weitere Entwicklung der Grabstätte
Im weiteren Verlauf der Klostergeschichte wurde die Gruft im Zuge des großen Umbaus der Abteikirche ab 1732 geöffnet und es wurden dabei angeblich alle Särge – bis auf einen, der nun für die Aufbewahrung aller Gebeine in der Gruft diente – eingeschmolzen und zu Leuchtern gegossen. Später wurde im Jahr 1782 ein bei der Geburt verstorbener Sohn von Herzog Wilhelm von Birkenfeld-Gelnhausen in der Gruft beerdigt. An den Eingang konnte man sich in dieser Zeit nur aus Zufall erinnern, da der Stein zum Eingang der Gruft einem Maurermeister von seinem Vater beim Umbau der Kirche gezeigt worden war. Die letzte offizielle Öffnung der Gruft fand 1870 während der Renovierung der Kirche statt, wobei der besagte Zinnsarg mit den Gebeinen und ein sehr kleiner Sarg, sicherlich der des angesprochenen Kindes, gefunden wurden. Im Zuge der in den letzten Jahren vorgenommenen umfangreichen Sanierung der Klosteranlage wurde 2008 auch die Gruft kurzzeitig geöffnet, wobei sich die Aufzeichnungen von 1870 bestätigten.
Moritz Kösler und Elisabeth Rieger